Dienstag, 19. Februar 2013

Böse Plagiate


Ich führe ein Verfahren gegen Sophokles,
er stahl mir ohne Rücksicht die Gedanken.
Ich las all seine Bücher und erkannte es:
Sein Weltbild käme ohne mich ins Wanken.

Der zweite Dieb war Römer und hieß Seneca,
er unterließ, mich sorgsam zu zitieren.
Sein Schrieb war kaum bedeutsam, doch sein Raub ging nah.
Ich will dagegen mutig insistieren.

Schon Heinrich Heine predigte in meinem Ton.
Den Eigensinn will ich ihm gern verzeihen.
Vielleicht krieg ich dafür am Ende meinen Lohn,
dann würde meine Saat mir noch gedeihen.

Den Fürst der Freude nennt der Dumme Epikur,
dabei stammt sein Gewäsch aus meiner Feder.
Die allerbesten Denker plagiierten nur,
warum gerade mich erahnt wohl jeder.

Mit Fußnoten erklimmt der Doktor manchen Berg.
Je mehr, je besser, denn das zeugt von Wissen.
Belesenheit erhöht den Wicht zum Gartenzwerg,
wer nie zitiert, wird dies Zitat bald missen.




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