Sonntag, 28. Oktober 2012

Vorsorge für Private

Wisst ihr wo die Rentner sind?
Sie balgten sich im Eiseswind.
Nun stehen ihre Hütten leer
und liegen ihre Leiber quer -

das ehrt sie!

Der Groschen fiel ins kalte Nichts,
im Angesicht des Lohnverzichts.
Wer riestern konnte, riesterte,
die andern Toren flüsterten

vom Tode.

Die Zocker rühmten den Ertrag,
der vage in der Zukunft lag.
Politiker beklatschten sie,
und Gelder flossen schnell wie nie

nach oben.

Da freute sich das Maklerherz,
manch Zeigefinger mahnte: Schmerz!
Die Renten wurden investiert,
nur leider hat sich's nicht rentiert -

wie schade! 

"Investments bergen Risko,
das war, ihr Nörgler, immer so!"
So lobte der Gewinner sich,
eh' er sich aus der Szene schlich,

nach Eden...

Freitag, 19. Oktober 2012

Anette

Wer schmollt mit bitterböser Schnute?
Wer schwang den Kritikern die Rute?
Anette S., das Gnadenkind.

Sie stand noch nie in einer Schlange,
ihr war noch nie um Pfründe bange,
sie herrschte sorglos, lebensblind!


Verblichen scheint die Doktorehre,
was bleibt ist eine Schulmisere,
die bitter die Gemüter plagt.

Anette ist in aller Munde,
erlebt den Absturz Stund um Stunde.
Elitenschutz hat bös versagt.


In längst vergess’nen, schönen Zeiten,
da schonte man die Blitzgescheiten,
den Ruhm verbriefte ein Papier.

Anette muss sich erstmals sorgen,
ein Hauch von Übel bringt der Morgen,
mit Hohn und Spott, pikant serviert.


Sie schlug sich tapfer als Minister,
bekämpfte die Sozialphilister,
der Bildungsnotstand schrie: Reform!

Nun drücken sie Gerüchte nieder,
der Mob will ihr ans Ehrgefieder,
da geifert sie, entbrannt vor Zorn.


Wer hat den Doktor bloß geschrieben?
Wie hieß er noch? Herr Bock von Drüben?
Wenn sie’ erfährt, verklagt sie ihn.

Anette wird ihn überführen,
ihn scheibchenweis' zum Fraß servieren
dann rettet sie, was ehrbar schien.

Donnerstag, 18. Oktober 2012

Shitstorm - ein schwachsinniges Experiment

Hast du noch Platz auf deinem Bierdeckel?
Lass uns Steuererklärungen kritzeln.

Aber sind Bierdeckel nicht zu fett –
für einen schlanken Staat?

Quatsch: Mehr Netto vom Brutto!
Leistung muss sich wieder lohnen!

Wie geilgeizig das klingt. Und so
eigenverantwortlich geistfrei.

Freigeistig, nicht geistfrei!
Reformen - wir brauchen Reformen!

Was für Reformen? Reformen des
Geistes? -  des Marktes?

Beides. Wegen der Rentnerschwemme.
Wegen der Globalisierung.

Steigere deinen Marktwert!
Denn: „Du bist Deutschland!“

…solange du nützlich bist,
wirkt all dein Handeln effizient.

Und wenn’s misslingt? Wie wär’s  mit
sozialverträglichem Frühableben?

Quasi als Abschreibung von marodem
Humankapital?

Klingt gut.
Und ökonomisch gerecht.

Aber die Beerdigungskosten?
Wer trägt die Beerdigungskosten?

Die unsichtbare Hand des Marktes.
Angebot und Nachfrage.

Das schafft Arbeitsplätze.
Landschaften erblühen...

...und sozial Verstorbene
düngen die Äcker.


Fallende Lohnnebenkosten,
bewirken steigende Geburtenraten.

Steigende Geburtenraten
wiederum füllen die Sozialkassen. 

...solange die Grundeinheiten
einkommensschwach bleiben.

Nieder mit der Gleichmacherei!
Es lebe die Freiheit der Leistungsträger!

Ach Gott! Was die Märkte
wohl dazu sagen? 

Sie jubilieren!

Montag, 15. Oktober 2012

Neoliberal und glücklich

Die Freiheit lag mir in der Wiege,
noch ehe ich recht krabbelte.
Mein Genpool half mir oft zum Siege,
selbst wenn der Plebs mich kabbelte.

Von Gleichheit mag ich gar nichts halten,
zum Sieger kor mich die Geburt.
Ich mag mich schrankenlos entfalten,
ertrag’s nicht, wenn die Fessel zurrt.

Im Spiel der postfötalen Kräfte,
behütet mich die Marktwirtschaft.
Mein Geld ermöglicht mir Geschäfte,
ererbter Lohn ist fabelhaft!

Ich steure, was die Menschen denken,
sie winden sich vor meinen Knien.
Selbst wenn sie sich dabei verrenken,
behalte ich, was ich verdien’.

Mit mir erfüllt sich Gottes Wille,
die Güter sind gerecht verteilt.
Betrachtet mich durch meine Brille,
erkennt den Spross, der niemals teilt.

Die Märkte fordern stolze Gene,
das machte mich einst reich und schön.
Ihr fragt, weshalb ich das erwähne?
Weil ihr mich sonst als „Sohn“ verhöhnt.

Mit eurem Fleiß und blankem Wissen,
ersinne ich mir mein Geschäft.
Drum seid ihr von mir hingerissen
und denkt, gottlob, das sei gerecht.

Mittwoch, 10. Oktober 2012

Schmitz und Beukel

Schmitz hielt der Partei die Treue,
Beukel galt als Tunichtgut.
Deutschland formte sich aufs Neue,
Schmitz bekannte seine Wut.

Als sie Montags demonstrierten,
Beukels Freunde? - nein, “Das Volk“,
fragte Schmitz die Deputierten,
ob man Chinas Beispiel folgt.

Panzer sollten sie zerquetschen,
die Verräter der Idee:
„Jene, die den Staat zersetzen,
denen tun wir gerne weh!“ 

Schmitz, ganz informeller Sammler,
trug zu Beukels Akten bei.
Beukel war ein fauler Gammler,
Staatsballast für die Partei.   

All die Denker, all die Künstler,
fühlten sich dem Westen nah.
Imperiale Machtbegünstler,
sah Herr Schmitz als „die Gefahr.“

Er war ganz Parteigenosse,
beugte sich dem Machtregime,
 stieg hinauf ins Reich der Bosse,
dieser Stand behagte ihm.

Beukel erkannte die Zeichen der Zeit,
er war verwegen, zum Aufstand bereit.

Lange, zu lange, verschwieg er den Groll.
Nun war das Maß der Genügsamkeit voll

„Wir sind das Volk“, brüllte er in die Nacht.
„Spitzel und Stasi missbrauchen die Macht.“

„Öffnet die Grenzen, befreit unser Volk!
Andernorts sind sie dem Ruf schon gefolgt!“

„ Wenn ihr uns anhört, vergeben wir euch!
Ihr, deren Rückgrat sich willfährig beugt:

Schätzt eure Chancen und trefft eine Wahl,
schenkt uns die Freiheit, erspart euch die Qual.“

„Wir kämpfen weiter, wenn’s sein muss, fließt Blut.
Glaubt an des Volkes verwegenen Mut!“

Schmitz hielt der Partei die Treue,
Beukel galt als Tunichtgut.
Deutschland formte sich aufs Neue,
bald verging dem Schmitz die Wut.

Er gab sich nun demokratisch,
trat für die Befreiung ein.
Stimmte, nun schon fast fanatisch,
in den Chor der Neurer ein.

Immer schon sah Schmitz es kritisch –
das Gehabe der Partei.
Selber war er unpolitisch,
war „nur so“ beim Stab dabei.

Lindern wollte er das Unrecht,
half dem Volk mit Rat und Tat.
Er gab sich loyal, doch unecht,
lebte heimlich den Verrat.

Seit der Wende wuchsen Flügel
an des Schmitzchens Rückenschild.
Demokratisch ungezügelt,
zeichnet er von sich ein Bild.

Heute ist er Bürgermeister,
Beukel schrubbt den Rathausflur.
Alle Bürger sind begeistert,
Revoluzzer stören nur.

Dienstag, 9. Oktober 2012

Verlierer

Du bist nichts, die Wirtschaft alles,
was dir schadet, dient dem Wohl.
Beim Betrachten deines Falles
tröstet nur noch Alkohol.

Wenn du jammerst, wenn du bettelst,
sinkst du tiefer in dein Grab.
Eh du weiter dich verzettelst,
hält dich Selbstzensur auf Trab.

Du sollst glauben, was wir glauben,
funktionieren, fehlerlos.
Wenn die Zocker dich berauben,
stellt das dein Versagen bloß.

Deine Freiheit soll dich geißeln,
bleibe stets Figur im Spiel.
Lass die Mächte an dir meißeln,
denn sie meißeln nie zu viel.

Bis du glatt bist, wirst du kleiner,
dann zerbröselst du zu Staub.
Wenn die Ohnmacht dich versteinert,
hält dein Marmormantel taub.

Montag, 8. Oktober 2012

Der Kanzlerkandidat

Messt den Kandidaten nicht an Taten!
Seht ihr nicht, wie sehr er deshalb schmollt?
Früher war er einfach schlecht beraten,
heut‘ hat er sein Denken überholt.

Morgen wird er nur dem Volke dienen,
alte Freunde grämen sich darum.
Willy Brandt ist ihm bei Nacht erschienen,
seither ist sein Über-Ich verstummt.

Ritterlich kämpft er für gute Sachen,
jedenfalls als Kanzlerkandidat.
Nach der Wahl lässt er’s dann richtig krachen,
dann gedeiht die resoziale Saat.

Seht, wie uns sein Honigmund beträufelt,
wie er sich um neue Wege müht!
Wer ihn kritisiert, den hol‘ der Teufel,
denn der Kandidat: er ringt –er glüht!

Er erweicht das Herz der Ökonomen,
schließlich hat er einst den Markt befreit! 
Seine Weisheit darf uns überthronen,
was er sagt, ist kühn und blitzgescheit.

Wortgirlanden mehrten seinen Wohlstand,
dafür hat er effizient geschwänzt.
Wer das hinterfragt, dem fehlt der Anstand!
Demokraten! Denkt nicht so begrenzt -

Messt den Kandidaten nicht an Taten!
Seht ihr nicht, wie sehr er deshalb schmollt?
Früher war er einfach schlecht beraten,
heut‘ hat er sein Denken überholt.

Samstag, 6. Oktober 2012

Der Peer und seine Group

Zur Peer Group zählen kluge Geister,
ihr Kandidat bewahrt die Macht. 
Da bleibt der Ausweg zugekleistert,
selbst wenn der Bürger noch erwacht.

Der kleine Mann soll weiter zahlen
und glauben, seine Stimme zählt.
Der Peer bewahrt vor Idealen,
selbst wenn der Wähler besser wählt.

Er redet gern vor trägen Bonzen,
sie zahlen ihn recht gut dafür.
Da mögen seine Wähler motzen,
der Peer fällt trotzdem durch die Tür.

Schon morgen will er Kanzler werden,
vernunftbeseelt, als Ökonom.
Er bändigt alle Nörglerherden,
ins Täschchen fließt: verdienter Lohn.

Die Seelen sollen Ruhe finden,
wenn Peer das Schwert der Hoffnung zieht.
Als Kanzler wird er unterbinden,
was seine Peer Group ungern sieht.  

Dienstag, 2. Oktober 2012

Meinungsmache

Was Menschen über Menschen denken,
das lässt sich steuern, lässt sich lenken -
Mit Infusionen reiner Wahrheit,
erfahren wir moderne Klarheit,
das stählt den Willen, stärkt die Macht.

Selbst wenn da manche lamentieren,
und das Gemeinwohl reklamieren -
Den Plutokraten juckt das nicht,
er wahrt durch Zuspruch sein Gesicht
und weiß, wer letzten Endes lacht.
  

Das Volk soll seine Herrscher ehren,
soll brav die Gunst der Märkte mehren -
Der neoliberale Chor,
dringt sakrosankt in jedes Ohr,
der Quell des Elends nennt sich: „Staat“.

Wir wollen die Kritik verlachen,
uns über Nörgler lustig machen -
Das Wort „Verschwörungstheorie“
bewahrt vor Stolz und Häresie,
die Furcht vor Häme nährt die Saat. 


Wer klug ist, kontrolliert die Stimmen,
die über Recht und Ordnung sinnen -
Gesetz des Dschungels, sei gelobt,
denn falls der Mob den Aufstand probt,
hat die Union sich festgelegt.

In Meinungsmache investieren,
verqueren Blödsinn stolz servieren -
Das treibt die Welt voran, voran,
wie Schafe grasen Menschen dann,
derweil der Wind sozialkalt fegt.  


Die Wahrheit fließt aus klaren Quellen,
wenn Fernsehbilder uns erhellen -
Der Denker liest das Wort gedruckt,
bevor er sich geläutert duckt,
gebrochen vom Expertenrat.

Beraubte, die sich echauffieren,
verstummen, eh sie sich blamieren -
Sie wahren ihren letzten Wert,
das Geben hat sie aufgezehrt,
da bricht der Mut, da lahmt die Tat.